Allen meinen Blogleserinnen und -lesern ein herzliches Willkommen im Jahr 2016, für das ich mir etwas Besonderes ausgedacht habe. Im Zentrum steht hierbei der Deutsche Autor, Liederkomponist und Publizist Johann Gottlieb Karl Spazier (1761–1805) und seine, kurz vor 1790 unternommenen Wanderungen durch die Schweiz. Ich wünsche gute Unterhaltung bei der über 200 Jahre alten Lektüre!
Karl Spazier
Wanderungen durch die Schweiz
Leicht gekürzte und sprachlich angepasste Version
durch René P. Moor
durch René P. Moor
Original erschien 1790 in Leipzig
Es war nach einer schönen warmen Sommernacht, die wir – der Graf M., der dänische Dichter B. und ich – der schrecklichen Unruhen wegen im Elsass durchgefahren waren, als ich mit Tagesanbruch die bläuliche Bergkette des ehrwürdigen Jura erblickte, der oberhalb Basel sich anhebt, in zunehmender Grösse sich bis Genf erstreckt, dort von der Rhone unterbrochen sich wieder mit den Gebirgen Savoyens vereinigt und bis nach Lyon hinabläuft. Zur Linken lag der schauerliche Schwarzwald, wie in einem langen schweren Morgenschlummer. Rechts dehnten sich die Vogesen, wie ein halb erwachter Riesenkörper sich dehnt. Ringsherum feierte die Natur in ernster Stille den Verlust des hingeschiedenen Tages und harrte in dumpfer Erwartung des neugeborenen Sommermorgens. Meine Seele war innig gerührt, in meinem Auge schwamm eine Träne der süssesten Wehmut und mein Blick, den die Schöne des reichen segensvollen Landes, das uns umgab, alle Augenblick aufhalten wollte, starrte der lang ersehnten Schweizergrenze zu. Nie, wüsste ich, von grösseren religiösen Gefühlen durchdrungen gewesen zu sein, als an jenem, mir unvergesslichen Morgen der süssen Ahndung und des stillen Naturgenusses. – Fortsetzung folgt!