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Channel: Der Schrittler
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Wanderungen durch die Schweiz – 104

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von Karl Spazier, 1790

Schande dem vornehmen Schweizer, den ich beinahe nennen möchte, Schande ihm, einen würdigen Fremden in öffentlicher Gesellschaft so ungastfreundlich behandelt zu haben! Es sei mir vergönnt, meinem Herzen zu Gefallen, bei dieser Szene noch hinzuzusetzen, dass ich das Wohlwollen des Schweizers, der eigentlich mit mir war, nicht mehr achtete, sondern ein dreistes Wort für den misshandelten Mann sprach, und ihn nachher mit Rührung und einem kräftig gen Händedruck vor aller Gesellschaft meine innigste Hochachtung versicherte. Nie will ich sie vergessen diese Szene, weil hier die Menschheit mit britischem Übermut und schweizerischer Grobheit in einem auffallendem Kampfe war.

Einem italienischen Musikanten, der mit hübscher Altstimme eine Canzonetta mit allen italienischen Reminiszenzen in die Harfe sang, verdanke ich indessen den sanften Übergang vom Verdruss zu einer angenehmen Selbstvergessenheit, nach welcher wir uns gewöhnlich in den ursprünglichen Wohlwollen wiederfinden. Der Geistliche vergass auch in den Gesängen seines Vaterlandes das Herbe des erlebten Vorganges, und so machte denn die Musik die Kadenz, welche die Moral hätte machen sollen. – Fortsetzung folgt!

*weltliches Gesangsstück [Anm. Moor]

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