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Channel: Der Schrittler
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Heiniger in Buchform

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Tinu Heiniger: Mueterland, Faro im Fona-
Verlag, Lenzburg, 2011
Eigentlich ist mir der Langnauer Liedermacher Tinu Heiniger sympathisch, dann aber auch wieder nicht. Vor allem dann nicht, wenn er singt. Kein Wunder: Sein Lieblingssänger ist Bob Dylan, mit dem ich nicht wirklich viel anfangen kann. Dennoch hat dieser Heiniger etwas, das mir imponiert: Er kann formidabel Geschichten erzählen. Und zwar in der Schriftform. Zu diesem Schluss komme ich nach der Lektüre des 2011 erschienenen Buches Mueterland. Darin berichtet Tinu Heiniger über seine Jugendjahre in diesem behäbigen Emmental, dessen Nähe zu Gotthelf damals noch spürbar war. Mit viel verstecktem Witz und feinem Humor erzählt der heute 71-Jährige wie das war, als er den «Tschäss» entdeckte und selber zu spielen begann, oder wie er sich als Fussballer beim FC Langnau versuchte und welche Bedeutung der Schlittschuhclub Langnau einst hatte und heute immer noch hat, obschon er seit etlichen Jahren in Schöftland wohnt.

Der Emmentaler im Aargau! Den Hügeln ist er treu geblieben, auch wenn sie nicht mehr so hoch sind. Beim Lesen von Heinigers Mueterland, entsteht unweigerlich der Eindruck, der Heiniger, dieser Heiniger braucht die Hügel, hinter denen neue Geschichten lauern, die er nur zu entdecken und in irgendeiner Form zu verarbeiten braucht. Und trotz aller Abgeschiedenheit ist aus Tinu Heiniger beileibe kein Hinterwäldler geworden. Ganz im Gegenteil. Aufmüpfig war und ist er. Politisch links, aber dennoch voll und ganz mit der Heimat verwurzelt. Und das gefällt mir an Heiniger: Er weiss genau, woher er kommt, und dass er diese Herkunft nicht verleugnen kann und will. Dennoch ist er stark und ehrlich genug, sich nicht auf jene Geleise zu begeben, die das geblühmte Trögli über alles stellt. Er weiss auch genau zu unterscheiden zwischen «Unterhaltungsbrunz», seinem Skandalwort Ende der Siebzigerjahre, und der ungekünstelten Folklore, die selbst einem kritischen, mit der Heimat verbundenen Menschen Hühnerhaut beschert.

Besonders lesenswert sind auch das Vorwort von Bänz Friedli sowie eine Art Briefwechsel mit Pedro Lenz. Das Buch gibt es zudem auch als Hörbuch.

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