Die weit abgelegene Goldgrube zu besuchen, hatten wir leider keine Zeit. Sie besteht, nach der Beschreibung des Inhabers, in einem vier bis fünf Fuss mächtigen, steil östlich abfallenden Gang, in dessen Quarz und Kalkstein führender Hauptmasse, goldartige Arsenik- und Schwefelkiese eingesprengt sind. Die reichsten dieser Erze sollen sich am Ende des Ganges befinden. Neben diesem Gang finden sich in der Nähe noch mehrere reiche Lagerstätten von Gold und Silbererzen, auf denen noch kein Abbau stattfindet. Die, den Sommer über gebrochenen und nach der Handscheidung vom tauben Gestein an einen Haufen gestürzten Erze werden erst im kommenden Frühjahr in Säcken auf der steilen Schneefläche hinunter transportiert zu den am Talstrom gelegenen Erzmühlen, welche aber wiederum nur in den drei wärmsten Sommermonaten gebraucht werden können, weil sie die übrige Zeit des Jahres in Schnee und Eis begraben liegen. Hier werden die Erze vorerst durch eine grobe Brechung zu der Grösse von Feldbohnen zerkleinert, und hernach wird in grossen, steinernen Trögen, in denen ein passender Reibstein zermalmend herumläuft, die feinere Mahlung und die Amalgamierung zugleich vorgenommen. Es wird nämlich einem Zentner Erz ein Pfund Quecksilber zugesetzt, und mit diesem sollen sich alle goldhaltigen Teilchen verbinden. Das so gewonnene Amalgam wird durch lederne Beutel gepresst, um es zu konzentrieren, und das durchgepresste Quecksilber dient sogleich wieder zu neuer Amalgamation. Vom zurückgebliebenen, konzentrierten Amalgam wird dann das Quecksilber durch die Destillation abgetrieben; das Gold bleibt in poröser Gestalt zurück und wird nachher durch wiederholte Schmelzung und Abtreibung möglichst rein dargestellt. So liefert es der Unternehmer der Gruben an die königliche Schatzkammer in Turin, wo es nach der Feinprobe gewertet und die Barbezahlung dafür nach Gutfinden dem Grubenbesitzer zugestellt wird. wobei jedoch der Staat einen bedeutenden Teil als Abgabe zurückbehält. Dieser nach Beschränktheit der Lage und Verhältnisse sehr einfache Amalgamationsprozess hat, bei aller seiner Zweckmässigkeit, doch den wesentlichen Nachteil, dass die mechanische Zerteilung oder Mahlung der Erze unter den Reibsteinen nicht fein genug bewerkstelligt wird, so dass in den gröberen Körnern doch noch viele Goldteilchen eingeschlossen bleiben, die mit dem Quecksilber nicht in Berührung und Verbindung kommen können und unausgeschieden in den Rückständen dem Schlammgraben zu fliessen. Eine vorhergehende Röstung der Erze, wozu es freilich oben in der Gletscherregion an Holz mangelt, und eine chemische Auflösung des Eisens und anderer beibrechenden Metalle, müssten das Goldausbringen bedeutend erhöhen und wären daher zur Vervollkommnung des Amalgamationsprozesses unumgänglich notwendig. Ungeachtet aber dieses mangelhaften Verfahrens werden dennoch aus dem Zentner Erz zwischen ein bis vier Lot Gold gewonnen, was auf grossen Reichtum der Erze schliessen lässt.
Fortsetzung folgt