Am Samstag werkelte ich an meinem Wanderrad von Langenthal weiter. Vorgesehen war die «Speiche Südost» von Langenthal nach Gondiswil. Es war himmlisch: Ein mitunter dadaistisch anmutendes Langenthal, vermooste Wälder, ein zunehmend blauer Himmel, winterliche Ruhe und viele landschaftliche Eindrücke bis hin zum grandiosen Alpenpanorama, das die Sicht von den Innerschweizer bis zu den Berner Oberländer Gipfeln beinhaltete.
Gondiswil erreichte ich kurz vor 13 Uhr, fünf Minuten vor Abfahrt des Busses nach Huttwil. Nun, gefahren wäre dieser, hätte ich ihn bis spätestens eine halbe Stunde zuvor telefonisch bestellt. Der «Bürgerbus GHU» verfügt zwar über einen durchaus bemerkenswerten Transportservice, so man im Internetfahrplan den kleinen Hinweis – grosses R in einem Quadrat – wahrnimmt. Wie dem auch sei: Der nächste Bus wäre, Reservation vorausgesetzt, um 14 Uhr von Gondiswil abgegangen. Kurzerhand entschloss ich mich, diese Wartestunde gegen den Weitermarsch hinab nach Gondiswil Haltestelle zu tauschen.
In Gondiswil Haltestelle hielten einst die Züge der Bahnstrecke Wohlhusen–Huttwil ... und nun eben der ... Bürgerbus GHU ... Wie weiter also? Ich erwählte Huttwil zum heutigen Tagesziel. Hierbei hatte ich zwei Optionen: 1. entlang der stark befahrenen Kantonsstrasse oder 2. entlang den Bahngeleisen. Als Bahnfan war die Wahl schnell getroffen, zumal ein sogenannter Kabelkanal das Gehen neben den Geleisen nicht nur sicherer sondern auch deutlich einfacher machte. Bei einer Steigung von 23‰ auf 1755 Metern folgte ich dem Schienenstrang in der Manier eines Streckenwärters. Wirklich geheuer war mir dieses Vorhaben indes nicht, musste ich doch jederzeit mit der Durchfahrt eines Zuges rechnen. In regelmässigen Abständen blickte daher nicht nur weit nach vorne sondern auch hinter mich.
Und in der Tat: Wenige hundert Meter vor dem Vorsignal zum Einfahrsignal des Bahnhofs Huttwil tauchte in meinem Rücken ein NINA (Niederfluhr-Nahverkerszug) der BLS auf. Ich verliess den Kabelkanal und entfernte mich sachte vom Bahndamm. Der sich nahende Zug verlangsamte das Tempo und kam auf meiner Höhe beinahe zum Stehen ... Ich war kurz irritiert, zückte die Kamera und machte trotz allem ein Bild. Erwartete mich nun eine Schelte des Lokführers? Mir war das Ganze in keiner Weise recht. Der Zug beschleunigte indes das Tempo kurzerhand wieder und verschwand bald hinter einer Geländekurve.
Ich überquerte die Geleise und wandte mich fortan der um einiges gefährlicheren Kantonsstrasse zu, um endlich das nahende Huttwil zu erreichen. Mein Vorhaben, auf dem Bahnweg von Gondiswil Haltestelle nach Huttu zu gelangen und das Verhalten des Lokführers, beschäftigten mich noch lange. War ich leichtsinnig gewesen? Aus Sicht des Bähnlers kann ich mir gut vorstellen, dass dem so war. Sah er in mir womöglich einen potenziellen Selbstmörder? Ein schaler Nachgeschmack machte sich in der Foge breit. Wenn mir etwas fern liegt, dann so etwas: Der Bahn und ihren Angestellten einen Schrecken einzujagen. Wie dem auch sei: Die Bildstrecke zu dieser trotz allem wunderbaren Tour gibt es hier.
Langenthal – Gondiswil und die eigenwillige Fortsetzung nach Huttwil. |