von Karl Spazier, 1790
Muss die gesunde Vernunft sich irgendwo von der anmassenden Glaubensmeisterei schikanieren lassen, so ist es hier. Das haben mir mehrere Prediger im Kanton versichert, in welchem ich treffliche Männer, von hellem Kopf und gesundem Herzen kennen zu lernen. Gelegenheit gehabt habe. Und mir ist selbst ein gelehrter Schweizer bekannt, der, weil er übel zugerichtet aus einem elenden Examen kam, vor Verdruss allen theologischen Staub ein für allemal von den Füssen schüttelte und nach Deutschland wanderte, wo er bereits mehrere Jahre in nützlicher Wirksamkeit gelebt hat.
Von dem Geiste der dortigen Gottesverehrungen kann ich auch nicht viel Rühmliches sagen. Ich wohnte in der Hauptkirche einer Vormittagspredigt bei, die als Vorbereitung zu einem bevorstehenden Buss- und Bettage für die gesamte protestantische Schweiz gehalten wurde. Aber ich kann eben nicht sagen, dass ich etwas gehört hätte, das des Aufbehaltens wert gewesen wäre. Der schwerfällige Klöpfel* der geistlichen Beredsamkeit schlug an tönendes Erz und an eine klingende Schelle. Der Gesang war langweilig, eintönig und schleppend, und auf der Orgel wurde mehr geklimpert als gespielt. Übrigens aber muss ich gestehen, fand ich hier viel Ordnung und Stille, und ich bin, so aufmerksam ich auch um der Beschwerde des Herrn Pfarrer Meiners willen war, nicht das Mindeste von Leichtsinn oder Zerstreuung gewahr geworden. Im Gegenteil machte mir die hier herrschende Ängstlichkeit, welche die herumschleichenden Ratsdiener mit Staatsmänteln und Stäben noch mehr beförderten, eine unangenehme Empfindung. – Fortsetzung folgt!
*Der Knüpfel, Klipfel, Klüpfel oder Klöpfel ist ein hammerähnliches Werkzeug aus Holz für Holz- und Steinbildhauer, Steinmetzen oder Natursteinmechaniker, Tischler, Zimmerer, Küfer und andere holzbearbeitende Berufe, sowie Hufbeschlagschmiede. [Wikipedia]
Muss die gesunde Vernunft sich irgendwo von der anmassenden Glaubensmeisterei schikanieren lassen, so ist es hier. Das haben mir mehrere Prediger im Kanton versichert, in welchem ich treffliche Männer, von hellem Kopf und gesundem Herzen kennen zu lernen. Gelegenheit gehabt habe. Und mir ist selbst ein gelehrter Schweizer bekannt, der, weil er übel zugerichtet aus einem elenden Examen kam, vor Verdruss allen theologischen Staub ein für allemal von den Füssen schüttelte und nach Deutschland wanderte, wo er bereits mehrere Jahre in nützlicher Wirksamkeit gelebt hat.
Von dem Geiste der dortigen Gottesverehrungen kann ich auch nicht viel Rühmliches sagen. Ich wohnte in der Hauptkirche einer Vormittagspredigt bei, die als Vorbereitung zu einem bevorstehenden Buss- und Bettage für die gesamte protestantische Schweiz gehalten wurde. Aber ich kann eben nicht sagen, dass ich etwas gehört hätte, das des Aufbehaltens wert gewesen wäre. Der schwerfällige Klöpfel* der geistlichen Beredsamkeit schlug an tönendes Erz und an eine klingende Schelle. Der Gesang war langweilig, eintönig und schleppend, und auf der Orgel wurde mehr geklimpert als gespielt. Übrigens aber muss ich gestehen, fand ich hier viel Ordnung und Stille, und ich bin, so aufmerksam ich auch um der Beschwerde des Herrn Pfarrer Meiners willen war, nicht das Mindeste von Leichtsinn oder Zerstreuung gewahr geworden. Im Gegenteil machte mir die hier herrschende Ängstlichkeit, welche die herumschleichenden Ratsdiener mit Staatsmänteln und Stäben noch mehr beförderten, eine unangenehme Empfindung. – Fortsetzung folgt!
*Der Knüpfel, Klipfel, Klüpfel oder Klöpfel ist ein hammerähnliches Werkzeug aus Holz für Holz- und Steinbildhauer, Steinmetzen oder Natursteinmechaniker, Tischler, Zimmerer, Küfer und andere holzbearbeitende Berufe, sowie Hufbeschlagschmiede. [Wikipedia]